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Polaris ATP 550: Arbeit, Temperament und Power

Aufi geht`s !!!

Eine Aufstiegshöhe von mehr als 40 cm auf die großflächigen Trittbretter kennzeichnet den Aufstieg. Die weiche Sitzbank lädt sofort zum längeren Verweilen ein. Die aufrechte Sitzposition gewährt garantiert stundenlange, unverkrampfte Einsätze.

Die erste Überraschung kommt beim Anwerfen. Der Zündschlüssel muss, wie bei den großen Pick Up- Brüdern, herumgedreht werden. Ein wenig Choke und der Halbliter Eintopf ist sofort hellwach. Für den Fall der Fälle ist aber auch ein Seilzug vorhanden.

Das runde Tachoinstrument gibt Auskunft über MPH( Miles per Hour ) KMH, Gesamtkilometer, Tageskilometer, Gangwahl, 4x4 zuschaltbar, Betriebsstunden und zu unserer Freude auch über die Drehzahlen des Motors. Obendrein ist das chic gestaltete und übersichtliche Rundinstrument auch tagsüber beleuchtet. Die Übersicht verliert man so nie, auch bei dunklen Waldpassagen. Ein Tipp am Rande: Verstellen lässt sich die Digi-Anzeige mit dem gelben Schalter links am Lenker. Drücken oder drehen am Tachoinstrument ist zwecklos.

Alle Bedienungsinstrumente sind ergonomisch angebracht. Lediglich der zentrale Bremshebel, er ist auf der - für die meisten ungewohnt - linken Lenkerseite zu finden, liegt ein wenig zu hoch angesetzt. Eine optimalere Position für die Hand ist mit dem reichhaltigen Bordwerkzeug schnell gefunden. Individuelle Einstellungssache eben.

Mit dem Wahlhebel lässt sich bei Betätigung der Fußbremse in Vorwärts und Rückwärts aus der Parkposition schalten. Drei Besonderheiten gilt es hier zu beachten. Man landet in Angriffsrichtung ersteinmal im Low, statt wie gewohnt in der High-Fahrstufe. Ein erneuter Schub am Hebel bringt dann die eigentlich erwartete „High-Getriebeeinstellung“. Polaris gewährt auf seine  Antriebsriemen eine 3jährige Garantie. Die Betriebsanleitung weist daher ausdrücklich auf eine riemenschonende Einsatzweise des ATPs hin. So ist für schwerste Zugarbeiten und triale Geländekriechausflüge unter 11 kmh die Low Variante vorgesehen. In Rückwärts geschaltet, ist der Mini-Pick-Up nur durch ein Override-System zu schnellerer Gangart zu bewegen. Der 4x4 Modus vorwärts kann in Fluchtrichtung nur durch Betätigung desselben Systems aktiviert werden. Ein wenig umständlich empfanden wir dies. Jeder kennt die eingeengte Sicht mit Helm nach hinten, dazu dann noch womöglich eine happige, steile OffRoad Situation. Zusätzliches Hantieren mit elektrischen „Sperren“ stört hierbei unnötig. Von einem Umdrehen des ganzen Körpers ganz zu schweigen.

 

Temperamentvoll...

 

... muss die Beurteilung jedes Fahrers lauten, der das ATP einmal bewegen durfte. Alle unsere Tester waren positiv überrascht, welches Potential sich hinter der Arbeiter-Fassade versteckt. Wie ein Mustang zerrt die fahrbare „Ladefläche“ schon bei niedrigen Drehzahlen los. Und das mit oder ohne  Gepäck. Sind 80 km/h erreicht, lässt der sportive Vortrieb dann spürbar nach. Trotzdem erreichen wir eine Vmax von knappen 96 kmh in der Ebene. Der Motor dreht hierbei in höheren Tonlagen. Wegen der Flüssigkeitskühlung mit groß dimensionierten Kühler, nimmt`s der eher Motor gelassen.

Selbst über waschbrettartige Feldwege ist man sehr komfortabel bei diesen oder bei geringeren Geschwindigkeiten unterwegs. Bei der Einzelradaufhängung vorne verwendet Polaris dazu zwei MC Pherson Dämpfer mit einem Federweg von 17 cm. Die Starrachse hinten wird durch zwei Federbeine in Schach gehalten. en 15 cm Federweg stehem hier zur Verfügung. Sehr harte Stöße, wie bei der Konkurrenz im Starrachslager, kennen ATP Fahrer daher nicht. Ein wenig irritiert sind wir bei dieser Gangart jedoch durch die Leichtigkeit der Lenkung der 550ziger. Loser Untergrund mit kleinen Unebenheiten zwingen immer wieder zum erneuten Justieren des Geradeauslaufs. Dies liegt unserer Meinung nach mehr an der grobstolligen Bereifung, als an der Lenkung selbst. Die Reifen lassen sonst nichts zu wünschen übrig. Ob auf Asphalt oder im Gelände, Gripp ist immer gegeben. Herumspritzende Fangopackungen werden dabei wirksam vom Fahrer fern gehalten.

Auf dem Boden der Tatsachen

 

Gerade bei Arbeitseinsätzen auf Grünflächen hinterlassen ATVs ihre tiefen Reifenspuren durch ein fehlendes differential an der Hinterachse. Und das um so stärker, je enger der gefahrene Kurvenradius ist. Polaris hat sich hier etwas einfallen lassen, was als willkommenen Nebeneffekt auch den Wenderadius bis zu 20 % verringert. Durch einen Schalter am Lenker lässt es sich der sogenannte Turf-Betrieb aktivieren. Turf meint den sprichwörtlichen Englischen Rasen. Das Differential an der Hinterachse wird dabei entsperrt. So können unterschiedliche Umdrehungen beim Abrollen der einzelnen Hinterräder in Kurvenfahrten gewährt werden, ohne die gewohnten Beschädigungen zu hinterlassen. Versatrac nennt Polaris dieses Differential. Dabei ist die Einhaltung einer möglichst geringen Geschwindigkeit beim „Kurvenräubern“ wichtig. Ist die nämlich zu hoch, wird das kurveninnere Rad entlastet und beginnt durchzudrehen. Gleichzeitig bricht der Vortrieb des kurvenäußeren Rades zusammen. Dadurch wird eine saubere Spur in den Rasen eingraviert. Fatal für Golfplätze und Grünanlagen.

Auf festem Untergrund gestaltet sich eine Fahrt mit dem 4x1 als praktikabel, solange es geradeaus geht. Wir empfehlen der Sicherheit wegen jedoch, und das gilt besonders bei nassen Straßenverhältnissen, den 4x2 mit gesperrtem Differential zu benutzen ?

 

Was geht 4x4 ?

 

Das ATP besitzt, wie auch die übrigen 4x4 Modelle von Polaris, einen echten Vierradantrieb. Er kann bei jeder Geschwindigkeit aktiviert werden.

 

 

 

 

 Ein Sensor ermittelt, ob die Räder an der Hinterachse durchdrehen. Die beiden Vorderräder werden dann für ein Vorwärtskommen selbstständig über Magnete im Differential zugeschaltet. Beim Abschalten sorgen Federn für die Aufhebung der 100-prozentigen Sperrung vorne. So komfortabel dieses System auch ist, einen kleinen Missstand haben wir bei steilen bergab Fahrten festgestellt. Schaltet man den 4x4 erst unmittelbar vor dem Abgrund ein, und haben die beiden Räder an der Hinterachse nicht die Möglichkeit wenigstens einmal kurz durchzudrehen, wird der 4x4 nicht aktiviert. Und das obwohl der Schalter dafür betätigt wurde. Die großartige Motorbremse wirkt in diesem Falle nur auf die beiden hinteren Reifen. Das Resultat: eine mehr gerutschte als gefahrene Bergpartie.

Positiv ist die ausgewogene Gewichtsverteilung des ATPs. Eine Beladung im Heck von 90 kg ohne Gegengewicht steckt das ATP bei 30 Grad bergauf ohne jedes Aufbäumen weg. Super ! Trotz einer hohen Sitzposition hat man nie ein unsicheres Gefühl in der Magengegend bei solchem Treiben. Die Gewichtsverlagerung mit dem eigenen Körper natürlich vorausgesetzt.

Die Motorbremse, wie bereits erwähnt, ist ein weiteres Highlight On und OffRoad. Unter einer Umdrehungszahl des Motors von 4.000 U/min wird derart mit dem EBS( Engine Braking System ) rangeklotzt , das die Zuhilfenahme der manuellen Stopper ausfällt. Ganz im Gegenteil. Im Low Gang ist sogar ein wenig Gasgeben gefordert, ansonsten bleibt der “Kleinlaster“ fast stehen. Die vier !!!! hydraulischen Scheibenbremsen vorne und hinten werden über Stahlflexleitungen durch einen Bremshebel am Lenker angesteuert. Obwohl sie spürbar zupacken, hatten wir den Eindruck, dass bei der Möglichkeit einer getrennten Betätigung, die Bremsergebnisse noch besser ausgefallen wären. So muss sich die 550ziger bis zum Stillstand aus 70 kmh mit 19,58 Metern im unbeladen und mit 21,60 Metern im beladenen Zustand zufrieden geben.

 

 

Der Clou...

 

... des ATPs ist seine vielseitig verwendbare und auch abkippbare Ladefläche. Stolze 181 kg lassen sich hier mitführen. Vorne sind es dann nocheinmal 40 kg zusätzlich. Unter der mit jeder Menge Zurrösen versehenen Plattform lassen sich kleinere Gegenstände oder Werkzeuge staub- und wassergeschützt zusätzlich verstauen. Seitlich in den Kotflügeln befinden sich nochmals zwei Fächer mit jeweils 20 Liter Fassungsvermögen für Kleinzeug . Liebe zum Detail hat Polaris auch bei der Möglichkeit bewiesen, die Ladefläche von beiden Seiten durch einen Arretierhebel abzukippen. Unterstützt wird dieser Vorgang durch einen Gasdruckdämpfer. Sand, Steine, Humus und sonstige Arbeitmaterialien lassen sich so einfach an den Bestimmungsort bringen ohne schweißtreibenden körperlichen Einsatz.

Trotz der stattlichen Länge, lässt sich das ATP sehr gut wenden. Beim vollen Einschlagen des Lenkers ist ein Wenderadius von guten 6,65 Metern möglich. Schaltet man gar in den Turf-Modus ist es einen ganzen Meter weniger. Die Einsatzfähigkeit als Arbeiter auch unter beengten Situationen wird damit noch einmal unterstrichen.

Dazu passt jedoch nicht die geringe Bodenfreiheit unter dem Versatrac Differential an der Hinterachse. Gemessene 21 cm unbeladen  sind nicht übel , aber auch nicht atemberaubend. Obwohl man sich förmlich unter dem restlichen ATP bewegen kann, sind mit dem tiefsten Punkt hinten Kontakte mit Gesteinsbrocken vorprogrammiert. Dem wirkt Polaris mit einem ausgeprägtem Unterbodenschutz entgegen. Lediglich der Schutz unter der vorderen Aufhängung bedürfte wenigstens eines Kunststoffabweisers. Beschädigungen am Lack könnten so mit einfachen Mitteln verhindert werden.

 

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

 

Neben dem hohen Nutzwert des ATPs kommt der Fun-Faktor nicht zu kurz. Herrlich lässt sich die Polaris um die Kurven driften. Bei allzu grobmotorischen Gasdaumen sind auch Dreher schnell herbeigeführt. Gefühlvolles Gaswegnehmen und wieder Gasgeben sind gefragt, damit die Amerikanerin sauber durch die Kurve fliegt.

Sprüngen ist sie ebenfalls nicht abgeneigt. Hier kommt ihr noch einmal die gute Gewichtsverteilung zugute. Gutmütig, auch für Anfänger, setzt sie nach dem Sprung wieder auf. Natürlich unbeladen, versteht sich!

Einlagen wie diese lassen den Spritverbrauch allerdings auf über 16 Liter steigen. Ein Tribut an das hohe Eigengewicht von über 330 kg .

 

 

 

Fazit

 

Das Polaris 550 ATP stellt die gelungene Verschmelzung von Arbeits- und Freizeitgerät dar. Gute Verarbeitung, enorme Zuladung, vielfältige Staumöglichkeiten, sportiver Motor, gutes Handling und bulliges Auftreten machen sie zu einem würdigen Vertreter der US-Pick-Up-Fraktion. Einzig allein der hohe Verbrauch bei sportiver Fahrweise und die Bremswirkung mit dem Zentralbremshebel trüben den sonst so positiven Gesamteindruck.

 

Copyright by Stefan Herbst