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Test: Polaris Outlaw

 Das Enduro-Quad

Wie kommen die Amis eigentlich auf die verrückte Idee eine Einzelradaufhängung an der Hinterachse eines Quads anzubringen. Sind die einfach nur durchgeknallt? Und was hat ein Smiley damit zu tun?

Eine Einzelradaufhängung kennen wir bis jetzt nur von den ATVs her. Seit Ende letzten Jahres ist es damit vorbei. Polaris stellt sein Sportquadmodell Outlaw vor. Das erste Quad mit Einzelradaufhängung rundum ist auf dem Markt. Und jetzt? Wo soll dieses Quad eigentlich eingesetzt werden? Und überhaupt, wie kommt Polaris darauf eine Einzelradaufhängung zu verbauen? Doch der Reihe nach.

Im Herbst 2005 präsentiert Polaris der Presse in den USA neben seinen Neuheiten des Einsteiger-ATVs Hawkeye und des zweisitzigen Arbeits-ATV X2 auch ein neues Quadkonzept. Nicht die erwartete 450er, die Polaris den Zutritt in die MX-Serien verschafft hätte. Nein, ein Modell Namens Outlaw 500 wird vorgestellt. Völlig neu – eigentlich eine Weltneuheit - ist die Einzelradaufhängung an der Hinterachse. Die Überraschung der Fachpresse vor Ort ist perfekt. Grund für diesen Alleingang von Seiten Polaris, die die Regeln der Sportquadtechnik bis dato damit auf den Kopf stellen, ist eben nicht der Einsatz auf den MX-Pisten dieser Welt. In den USA wird die GNCC-Serie (Grand National Cross Country) gefahren. Hier geht es auf bis zu 20 Kilometer brutalen Rundkursen querfeldein. Geröllfelder, Schlammsuhlen, Flussdurchfahrten, schmale Pfade und quer liegende Bäume müssen auf den Kursen durch Wälder und Wiesen von den Fahrern mit ihren Quads und ATVs überwunden werden. Aber nicht nur optisch ist diese Rennserie mit ihren Klassen von Pro-Racern, Standartsportquads bis hin zur Seniorenklasse 50+ in den Staaten sehr populär. Durch das einfache Regelwerk und die geringen Startgebühren kann jeder der fahren möchte teilnehmen. Und das tun die Amis ausgiebig. Bis zu 1.500 Teilnehmer sind, aufgeteilt in ihre Klassen, unterwegs. Die GNCC hat sich deshalb zu einem echten Publikumsmagnet vor Ort und im Sport-TV entwickelt. Kurz: Polaris hat hier verkaufsförderndes Potential erkannt und hat deshalb seine Werksunterstützung für 2006 auf sechs Fahrer in dieser Serie ausgedehnt. Ein passendes Quad gibt es für die insgesamt 13 Rennen der GNCC jetzt auch. Die Outlaw.

 

Die Gesetzestreue

Entgegen aller Versuche die Outlaw irgendwie als eine Gesetzlose oder Geächtete hinzustellen – obwohl das die deutsche Übersetzung des Wortes Outlaw ist – folgt das neue Sportquad von Polaris zielstrebig Gesetzmäßigkeiten. Den Gesetzmäßigkeiten des Endurosports. Neben fahrerischem Können ist vor allem Ausdauer auf den bis zu drei Stunden langen GNCC-Rennen gefragt. Je besser daher der Federungskomfort ist, desto weniger wird vom Körper während der Renntortour abverlangt, desto länger bleibt man konzentriert. Obendrein fördert eine Einzelradaufhängung die Traktion auf den anspruchsvollen Trails der GNCC. Die große Bodenfreiheit macht das Weiterkommen auf noch so Hindernissen gespickten Trails einfacher. Diese simplen Gesetzmäßigkeiten hat Polaris konsequent im Sportquad Outlaw umgesetzt.

Ganz neu an der Outlaw ist die IRS (Independant Rear Suspension). Mit ihr ist es möglich eine durchgehende Bodenfreiheit von 24 Zentimetern, unter der Hinterachse sind es sogar 28 Zentimeter, mit aufgesessenem Fahrer zu realisieren. Die Predator, zumVergleich, misst am tiefsten Punkt gerade mal 11 Zentimeter. Um diese Bodenfreiheit zu erzielen haben die Polaris Ingenieure die Kette um knapp 15 Zentimeter nach oben verlegt. Eine Kette statt des sonst üblichen Kardans bei den IRS-ATVs spart Gewicht und ermöglicht den Gebrauch unterschiedlicher Kettenräder für die individuelle Übersetzung im Rennen. Die Polaris Einzelradaufhängung bedient sich zweier Federbeine mit Ausgleichsbehälter von Fox sowie Querstabilisatoren für stabilere Kurvenfahrten. Die Dämpfer sind nur in der Druckstufe verstellbar. Auf Aftermarket Dämpfer muss man zurückgreifen, wenn man Low und High Speed als auch die wichtige Zugstufe einstellen möchte. Weiteres markantes Merkmal der Outlaw ist der nach oben unter die Sitzbank verlegte Auspuff.

Die neue Achsantriebskonstruktion –insgesamt bringt sie mit der neuen Aufhängung 11 Kilogramm Leergewicht mehr auf die Waage - beherbergt neben dem Kettenrad und den beiden Gelenkwellen auch die Scheibenbremse. All das bewirkt, dass sich das Gewichtsverhältnis der Outlaw nach hinten verschob. Deshalb sind die Benzinpumpe und die Batterie der Outlaw zum Gewichtsausgleich direkt vorne unter der Plastiknase zu finden. Vom Lenker weg verlegt wurden der Choke – jetzt seitlich an der Sitzbank zu finden- und das Zündschloss. Direkt neben dem Daumengas befindet sich der Hebel für den Rückwärtsgang. Die Sitzbank ist insgesamt flacher vorne schmaler und hinten weiter geworden. Entgegen der Maxxis Razr-Bereifung bei der Predator, bewegt sich die Outlow auf Dunlop Pneus vor- und rückwärts.

Fahrbericht

Getestet haben wir auf über 150 km Endurostrecke als Rundkurs in der Nähe der luxemburgischen Grenze. Alle Möglichkeiten eines Cross Country Rennens konnten wir so unter die Lupe nehmen. Auf rauen Schotterwegen mit vielen Querrinnen, die als Wasserabfluss dienen, gibt die Einzelradaufhängung ihr Debut. Das Ergebnis: phänomenal. Das Federungspaket schluckt die Unebenheiten derart gut, dass stehend Fahren nicht notwendig ist. Bequem bleiben wir im Sattel sitzen. Hatten an den Querrinnen in vorangehenden Tests gerade Quads mit Starrachsen ihre Probleme – besonders dann, wenn mit annähernd Top Speed unterwegs – rauscht die Outlaw mit wenig Seitenversatz einfach drüber hinweg. Sie bleibt dabei super kontrollierbar. Reißen am Lenker – Fehlanzeige. Das serienmäßige PRO-Steering mit seinem Lenkungsdämpfer unterstützt dabei wesentlich. Der flüssigkeitsgekühlte 499 ccm große Einzylindermotor macht einfach nur Laune auf den weiteren Kilometern Schotterpiste. Die ersten vier Gänge liegen sehr dicht von der Abstufung beieinander. Man fliegt so förmlich beim Anfahren durchs Getriebe. Ab dem mittleren Drehzahlbereich legt das in Japan gefertigte Fuji Kraftwerk im Polaris Chassis dabei erst richtig los. Es ist als würde ein Nachbrenner gezündet werden. Dennoch bleibt die Kraftentfaltung sanft und die Outlaw zieht dem Fahrer nicht die Arme lang wie zum Beispiel bei einer YFZ 450. Der fünfte Gang ist dann etwas länger ausgelegt, passt aber perfekt auf den Vierten nur bei entsprechender Drehzahlvorgabe. Im Vergleich zum Getriebe der Predator aus 2005 ist er aber kürzer ausgefallen. Damit ist er auf den GNCC-Endurostrecken mit eher kürzeren Vollgaspassagen vorteilhafter einsetzbar. Die Höchstgeschwindigkeit sinkt so um 5 km/h gegenüber der Predator auf 100 km/h.

An einem ausgetrockneten Rückhaltebecken mit seinen steilen Auf- und Abfahrten machen wir knapp 15 Meter weite Sätze. Die harten Landungen nimmt die Outlaw weich auf. Und dabei ist ihr völlig egal ob man nur mit einem Rad hinten aufsetzt oder mit beiden. Das hätte einen Verreißer bei Starrachsquads bedeutet, aber die Outlaw schert sich nicht im Geringsten darum. Das gleiche Resultat bei unebenen Absprüngen. Unbeirrt hebt sie in den Orbit ab. Genauso unbeirrt löst sich beständig die Sitzbank aus ihrer Verankerung. Ein Stück Draht bringt schnelle Abhilfe. Weiter geht es auf und ab durch winklige und enge Waldpassagen zwischen Bäumen hindurch. Leichtfüßig lässt sich die Outlaw um oder mit gezieltem Gasstoß über die Hindernisse pilotieren. Dort, wo wir früher durch Steine ein Kransch von den Bodenschutzplatten bekommen haben, ist jetzt einfach nichts zu hören. Wahnsinn. Umso forscher treiben wir daher die Polaris voran. Gleich bei der nächsten Lichtung eine Schrecksekunde. Wildschweine haben die komplette Lichtung in einen mit Löchern übersäten Spielplatz verwandelt. Noch Bremsen - vergiss es. Gewicht nach hinten und hart am Gas bleiben. Die Polaris nimmt’s wesentlich gelassener als wir. Souverän überfliegt sie die Trümmerlandschaft. Schwein gehabt. Mit anderen Quads hätte es hier mächtig Aua gegeben. Wir lassen den Wald hinter uns und kämpfen uns mit der Outlaw eine Serpentinenstrecke nach oben. Ausgewaschene Rinnen und Schotter in gleichmäßiger Verteilung, dazu spitze 180 Grad Kehren. Die ersten Kurven nehmen wir noch ein wenig verhalten. Schnell gewöhnen wir uns aber an die Reaktion und wesentlich größere Bodenhaftung des Hecks. Mit jeder Kurve klappen die Drifts besser. Gewicht ordentlich nach innen und kontrolliertes Gasgeben. Schon driftet’s. Dabei hebt das kurveninnere Rad der Outlaw oft ab. Quads mit Starachse können hier aber definitiv besser. Doch bei der Outlaw geht es ja nicht um das gute driften. Wir erinnern uns: Enduroeinsatz. Und die Outlaw fangen wir auf unserer Teststrecke so manches Mal noch in einer zu schnell angegangen Kurve mit Grasbewuchs oder feuchten Waldboden ab – Stichwort fehlende Streckenkenntnis; typisch für einen Endurolauf. Ein Quad mit Starrachse hätte sich hier bereits mehrfach von den Mitfahrern durch einen Besuch in der Botanik verabschiedet.

Vor den Kurven der Serpentinen lassen sich die drei hydraulischen Scheibenbremsen schön einsetzen. Die beiden Vordern sind eher auf der progressiven Seite sprich sind sehr gut dosierbar und blockieren nur bei vollem Zweifingereinsatz. Die hintere blockiert schon nach dem leichten Antippen. Ein wenig zu viel des Guten finden wir.

Auch der schönste Testtag neigt sich dem Ende zu. Schade. Denn jeder der Testfahrer-allesamt Enduroliebhaber – hätte gerne noch den ein oder anderen Kilometer abgespult.

 

Der Smiley

Vom Entwurf bis zur Fertigstellung eines Serienquads ist es ein langer Weg. Dabei mitgewirkt hat der bekannte GNCC-Fahrer Matt Smiley aus Pennsylvenia. Seit 2005 Profi Werksfahrer bei Polaris in dieser Offroad Rennserie. Mit seiner mehr als 14jährigen GNCC-Erfahrung war er maßgeblich bei der Entwicklung und endgültigen Serienabstimmung beteiligt. Getreu dem Motto: Aus der Praxis für die Praxis.

 Die Saison 2006 wird zeigen ob es Smiley, seiner Profi Kollegin Stephanie Parton und den anderen vier von Polaris in der GNCC unterstützten Fahrern gelingen wird jeweils in ihren Klassen den Gesamtsieg mit der neuen Jagdmaschine Outlaw zu erringen.

 

Fazit

Abgesehen von der Sitzbefestigung und der ein wenig zu weichen Polsterung sind wir restlos von der Outlaw im Enduroeinsatz begeistert. Noch nie sind wir so schnell und entspannt mit einem Sportquad auf unseren Testtrails unterwegs gewesen.

 

 

Technische Daten: Polaris Outlaw

 

Motor

Typ                                        flüssigkeitsgekühlter Einzylinder 4-Takt

Hubraum                                 499 ccm

Leistung                                  37 kW ( 50 PS )

Startsystem                            E- Starter

Verbrauch                                10,5 Liter/100 km (QW)

Beschleunigung 0-70 km/h       sek (QW)

Höchstgeschwindigkeit            100 km/h(QW)

 

Kraftübertragung

Antrieb                                    2x4, Kette

Getriebe                                  5 Gänge +R

Übersetzung                           High

 

Fahrwerk

Federung vorne               Einzelradaufhängung

Federung hinten              Einzelradaufhängung

 

Bremssystem v / h                 2 hydrl. Scheiben/ 1 hydrl. Scheibe            

Reifen v/h                              21x7-10 / 22x10-9

Bremsweg 70-0km/h              17 m

 

Maße / Füllmengen

L/B/H                                       1816 x 1206 x 1143 mm

Radstand                                1283 mm

Sitzhöhe                                 810 mm

Leergewicht                             199 kg

Tankinhalt                               12,3 Liter

 

Preis / Garantie

 

Preis    ohne.Str.-Zulassung   9.090,- Euro   

Garantie                                  2 Jahre

Farbe                                      schwarz-silber

 

Bezugsquelle

KTM-Sportmotorcycle GmbH
Im Gewerbegebiet
Hohenburgerstr. 55
92289 Ursensollen
+49 9628 921 10

 

 

Off Road-ABC

Antrieb                        2x4 Kette

Bodenfreiheit              24 cm (QW)

Differentialsperre                   nein

Untersetzung                          nein

Watttiefe                                70 cm

Wendekreis                            7,5 m (QW)

 

 

Copyright by Stefan Herbst